Leinengarn und -Stoff sind besonders im Sommer ein beliebtes Material für lockere Kleidungsstücke, aber auch für Strick- und Häkelprojekte. Diese Vorliebe kann ich vollkommen nachvollziehen: Leinengewebe sind Haltbar, haben eine tolle Optik und Haptik und temperaturregulierende Eigenschaften. Aber woher kommt die Faser eigentlich und wo genau liegen die Stärken des Materials genau? In diesem Beitrag beschäftige ich mich mit Herstellung und Produktion von Leinengarn.
Ich habe tatsächlich eine kleine Schwäche für Leinenfasern, seit ich aktiv im Reenactment unterwegs bin. Historische Kleidung, genauer gesagt die Unterwäsche bestand aus gebleichtem Leinen. Und nach über 10 Jahren im Hobby hat der Stoff auch immer mehr Einzug in meine Wohnung und Garderobe gehalten. Natürlich hat diese Entwicklung auch vor meinem Handarbeitsschrank keinen Halt gemacht und darum habe ich gehäkelte Oberteile aus Leinengarn und auch noch super viel Material unverarbeitet hier. Grund genug für mich, mich mal näher mit dem Material zu beschäftigen.
Die Leinenpflanze
Leinen wird aus den Fasern der Flachspflanze (Linum usitatissimum) gewonnen. Diese Pflanze wird seit Jahrhunderten angebaut und ist für ihre starken, langen und glänzenden Fasern bekannt. Der Anbau von Flachs erfordert eigentlich wenig Aufwand oder Pflege. Lein wächst auf relativ kleiner Fläche und benötigt keine starke Düngung oder übermäßig viel Wasser. Allerdings sind junge Pflanzen nicht besonders konkurrenzfähig und werden daher von Un- und Beikräutern leicht verdrängt und überwuchert. Daher ist besonders während der frühen Keim- und Wachsphase wichtig, regelmäßig Unkraut zu jähten.
Für die Produktion von Leinenfasern benötigt es lang gezogene, möglichst unverästelte Pflanzen. Die Ausbildung von Samenkapseln ist bei der Leinenpflanze für die Fasergewinnung nicht so wichtig.
Ernte und Verarbeitung der Flachsfasern
Die Flachspflanze wird geerntet, wenn sich die Stängel im optimalen Reifestadium- meist in den späteren Sommermonaten- befinden. Anschließend werden die Stängel gebündelt und getrocknet, um die Fasern freizulegen.
Danach werden die Stängel mechanisch oder manuell gebrochen, um die holzigen Teile zu entfernen und die Fasern freizusetzen.
Die so freigelegten Flachsfasern werden gereinigt, um Verunreinigungen zu entfernen, und dann zu langen Fasern gekämmt. Dieser Vorgang wird als „Hecheln“ bezeichnet.
Die gekämmten Fasern werden dann zu einem feinen, glatten Band zusammengestellt und sind bereit zum Spinnen. Das Spinnen von Flachsfasern ist im Vergleich zu Wolle etwas schwieriger und benötigt etwas mehr Übung. Garne, die ihr bereits fertig kaufen könnt, werden maschinell gesponnen.
Anschließend werden die gesponnenen Leinenfasern zu Garnen verzwirnt. Je nach gewünschter Garnstärke und -struktur kann das Verzwirnen in verschiedenen Stufen erfolgen. Die Oberflächse von gesponnen Leinenfasern kann von glatt und glänzend bis rau variieren.
Vorteile von Leinengarn als Material für Bekleidung
Leinenstoff bietet eine Vielzahl von Vorteilen als Bekleidungsmaterial. Drei der wichtigsten Vorteile sind:
Atmungsaktivität und Temperaturregulierung
Leinen ist ein äußerst atmungsaktives Material, das Feuchtigkeit effektiv absorbiert und schnell trocknet. Dies ermöglicht eine gute Luftzirkulation um den Körper und sorgt für ein angenehmes Tragegefühl, insbesondere in warmen oder feuchten Umgebungen. Leinenstoff fühlt sich bereits bei wenig Feuchtigkeit im Gewebe kühl an und ist dadurch besonders angenehm.
Strapazierfähigkeit und Langlebigkeit
Leinen ist relativ stabil und gut haltbar, auch wenn das Material stark beansprucht wird. Leinentextilien ist relativ widerstandsfähig gegen Abnutzung, Reibung und Zugbelastungen. Das bedeutet, dass Kleidungsstücke aus gewebten Leinenfasern länger ihre Form behalten können. Bei gestrickten oder gehäkelten Fasern ist diese Eigenschaft im fertigen Kleidungsstück aufgrund der Maschenstruktur reduziert. Hinzu kommt, Leinenfasern werden mit jedem Waschen weicher und geschmeidiger, ohne an Festigkeit zu verlieren. Diese Langlebigkeit sorgt dafür, dass die Kleidungsstücke über einen längeren Zeitraum getragen werden können.
Natürliche antibakterielle und hypoallergene Eigenschaften
Leinen hat natürliche antibakterielle Eigenschaften und hemmt das Wachstum von Mikroorganismen. Dadurch die Bildung von Bakterien auf der Haut verringert, was sich auch positiv auf die Geruchsbildung auswirkt. Darüber hinaus ist Leinenstoff hypoallergen und eignet sich gut für Menschen mit empfindlicher Haut oder Allergien.
Allgemeine Tipps zur Reinigung und Lagerung eurer Leinengarne und Kleidungsstücke
Wie bei allen Garnen gilt: beachtet bitte die Reinigungsanweisungen auf eurer Garnbanderole. Die Reinigungshinweise der Hersteller können je nach Fasermischung, Verarbeitung oder Färbung variieren.
Leinenfasern und -Stoff könnt ihr sowohl per Hand als auch in der Maschine waschen. Die Handwäsche ist oft schonender und für gestrickte oder gehäkelte Textilien besser geeignet. Vermeidet unbedingt aggressive Bleichmittel oder Waschmittel mit starken chemischen Zusätzen, denn das schädigt die Faser. Da Leinenfasern oft nachträglich ausbluten können, solltet ihr eure Stücke entweder separat oder mit ähnlichen Farben waschen.
Sind Leinengarne die besseren Sommergarne?
Ich mag Leinenfasern. Ich mag die Haptik, die Optik und den Fall der Stoffe- auch wenn sie verhäkelt sind. Aber vermutlich bin ich auch nicht mehr ganz neutral in dieser Angelegenheit, da ich in den letzten Jahren mehr als einmal den Seegen der kühlenden Wirkung von Leinenstoffen erlebt habe- es gibt nämlich wenig erfrischenderes als ein feuchtes Leinentuch, dass man kurz in den Wind hält- wenn man denn gerade keinen Ventilator in der Nähe hat.
Ob Leinen nun wirklich die besseren Fasern für sommerliche Garne sind hängt natürlich von eurer individuellen Präverenz ab. Allerdings steht auf der Pro-Seite für mich definitiv, dass der Anbau einfacher und wassersparender ist, als z.B. bei Baumwollfasern.
Auch der Knitterfaktor, den man Leinenstoffen oft vorwerfen kann, entfällt bei gestrickten Stücken. Hier ist die Faser deutlich weniger Anfällig für Falten.
Immer mehr Hersteller haben Leinengarn im Sortiment und oft sind diese nicht viel teurer als Baumwollgarn. Hinzukommt, dass es auch tolle Mischfasern aus beispielsweise Baumwolle und Leinen gibt. Das ist eine Entwicklung, die mich sehr freut.
Welche Garne mit in dieser Saison gu gefallen habe ich euch in meinem letzten Artikel verraten. Und falls ihr euch überlegt Sommerkleidung zu häkeln oder zu stricken, dann schaut doch auch mal bei meinem Beitrag über Strick-und Häkelkleidung für den Sommer vorbei.