Häkeln kann man mit den verschiedensten Materialien- künstliche, pflanzliche und tierische Fasern sind die drei großen Bestandteilsgruppen aus denen sich Stick und Häkelgarne zusammensetzen.

Materialkunde- Kunstfasern- Alles was ihr über künstliche Fasern wissen müsst

Sockenwolle hat oft einen Anteil davon und viele günstige Garne bestehen sogar ganz daraus- die Rede ist von Kunstfasern wie Polyester oder Polyacryl- doch was verbirgt sich hinter diesen Bezeichnungen und sagt der Kunstfaseranteil etwas über die Qualität von Garnen aus? Heute dreht sich alles um künstliche Fasern und warum viele andere Fasern damit gemischt werden.

Kunstfasern werden gerne tierischen oder pflanzlichen Fasern hinzugefügt um bestimmte Eigenschaften, die das Grundmaterial nicht aufweist, zu erzielen. Sockenwolle enthält oft einen Polyamid-Anteil, damit die späteren Socken den Belastungen länger standhalten und edle Glitzer-Effektgarne verdanken Polyester ihren schicken Schimmer.

Kunstfasern aus Naturfasern

Es gibt eine große Gruppe an Kunstfasern, die aus pflanzlichen Elementen gewonnen werden. Fasern wie Viskose und Lyocell gehören zu den sogenannten Regeneratsfasern. Bei ihnen handelt es sich um Pflanzenbestandteile (oft Gehölze) die durch chemische Prozesse zu einem flüssigen Gemisch verarbeitet werden. Die Fasern entstehen, wenn die Lösung mittels feiner Düsen in ein Tauchbad gespritzt wird. Regeneratsfasern sind genau betrachtet eine Sonderform der Fasern. Durch ihren pflanzlichen Grundstoff handelt es sich um Pflanzenfasern, die mittels eines künstlichen Prozesses (einer chemischen Aufbereitung) gewonnen wurden. Man spricht auch von ihnen als natürliche Kunstfaser oder von einer halbsyntetischen Faser.

Wie genau Regeneratsfasern hergestellt werden habe ich in dem Artikel über pflanzliche Fasern schon eingehender erklärt.

Klassische Kunstfasern

Auf Banderolen von Garnen lassen sich oft vier Kunstfasertypen unterscheiden- Elasthan, Polyacryl, Polyester und Polyamid. Diese Typen haben verschiedene Eigenschaften und werden daher auch für verschiedene Zwecke eingesetzt. Bei allen vollsynthetischen Fasern bleibt jedoch zu beachten, dass sie aus nicht nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden und somit im Vergleich zu halbsynthetischen Fasern wie Viskose, Modal oder Lycell eine deutlich schlechtere Biobilanz aufweisen.

Polyacryl

Polyacryl (oder Dralon) wurde in den 1940er Jahren erfunden und ist eine Faser, die sehr häufig in der Bekleidungsindustrie Anwendung findet. Besonders an Polyacryl sind seine wollähnlichen Eigenschaften- die einzelnen Fasern zeichnen sich in ihrer Haptik durch einen weichen Griff aus und wirken wärmend. Daher fühlen sich Gewebe aus reinem Polyacryl ähnlich wie Wollgewebe an, haben aber ein deutlich leichteres Gewicht. Zudem sind diese künstlichen Fasern sehr unempfindlich, nehmen kaum Wasser auf (weshalb sie schnell trocknen) und sind allgemein sehr pflegeleicht. Anders als Wolle sind Polyacrylgewebe zwar wärmend aber nicht wärmeausgleichend- man schwitzt leicht in ihnen.

Polyester

Polyester ist  eine Faser, deren positive Eigenschaften sich in einer hohen Reißfestigkeit und Strapazierfähigkeit äußern. Polyester nimmt wenig Feuchtigkeit auf und findet daher auch bei Sportbekleidung Verwendung.

Bei Garnen findet sich Polyester als glitzerndes Beilaufgarn aber auch als Beimengung oder gar alleiniger Fasertyp. Polyestergarne unterscheiden sich in der Haptik und den wärmeleiteigenschaften deutlich von tierischen Fasern. Durch die hohe Formstabilität des Materials können Strick- oder Häkelstücke als unangenehm und kratzend wahrgenommen werden. Auch kann es bei dickeren Geweben zu einem schlechteren Wärme-Feuchtigkeits-Austausch kommen- man schwitzt leichter und die Feuchtigkeit kann nicht nach außen geleitet werden, wie es bei dünneren Fasern der Fall wäre.

Materialkunde- Kunstfasern- Alles was ihr über künstliche Fasern wissen müsst

Polyamid

Polyamid ist auch bekannt unter den Begriffen Perlon oder Nylon. Polyamid wird Garnen wie Sockenwolle beigemengt um die Reißfestigkeit und Strapazierfähigkeit zu erhöhen. Wie auch die beiden anderen Poly-Fasern zuvor ist auch bei Polyamid die Wärmeleitfähigkeit eher unvorteilhaft für den Träger.

Elasthan

Elasthan ist eine hoch dehnbare Faser, die vergleichbare Eigenschaften wie Gummi aufweist. Aufgrund dieser Ausgangseigenschaften wird Elasthan lediglich als Beimengung für andere Fasern genutzt. Besonders oft findet sich Elasthan beispielsweise in Sockenwolle.

Kunstfasern und Wollqualität

Erst einmal sagt der grundlegende Fakt, dass Kunstfasern in einem Garn Einsatz finden, wenig über die Qualität des Garns aus. In Garnen, die einer hohen Belastung ausgesetzt sind, wie Sockenwollen, ist der Einsatz von Polyamid eine Qualitätssteigerung- die fertigen Socken werden dadurch langlebiger. Auch würde kaum jemand Garn mit Glitter als billig oder qualitativ schlecht einstufen, nur weil Polyester Verwendung fand. Anders sieht dies bei Garnen aus, in denen Kunstfasern zum Einsatz kommen um hochwertigere Fasern zu ersetzen. Garne aus 100% Polyamid werden häufig günstig verkauft und eignen sich aufgrund ihrer schlechten Wärmeeigenschaften kaum für Bekleidungsstücke.

Kunstfasern können also sowohl zur Qualitätssteigerung als auch zur Qualitätsminderung eines Garns beitragen. Dabei spielt der prozentuale Anteil der Fasern eine wichtige Rolle.

Wenn ihr sicher gehen wollt, dass ihr lange Freude an euren Häkelstücken habt, dann lohnt es sich, sich mit den verschiedenen Fasern auseinander zu setzen, die einzelnen Eigenschaften zu kennen und zu wissen, wofür man welches Material einsetzen möchte. Reine Polyamidwolle ist beispielsweise nicht gut geeignet als Material für eine Mütze, aber dafür umso besser als Amigurumiwolle- und andererseits solltet ihr reine Wolle nicht für ein Yarnbomb verwenden.

Wenn ihr mehr über die verschiedenen Fasertypen lernen wollt, dann schaut auch bei den beiden anderen Guides über tierische Fasern und pflanzliche Fasern vorbei.

Habt ihr alle 4 Kunstfasern die ich euch heute vorgestellt habe, schon gekannt? Achtet ihr beim Wolleinkauf auf die Zusammensetzung eurer Garne? Hinterlasst mir gerne einen Kommentar mit eurer Meinung dazu [icon name=“comments-o“ class=““ unprefixed_class=““].

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5 Comments on Materialkunde- Kunstfasern

  1. Hallo Jasmin, danke für deinen tollen Blog 🙂 gefällt mir sehr gut.

    Ich liebe es zu häkeln, lebe aber seit einiger Zeit vegan. Kunstfasern mag ich – wie du offenbar auch – nicht besonders. Daher wollte ich dich fragen, ob du ein veganes Garn empfehlen kannst, woraus man gut Kleidung (bspw. Pullover, Cardigan etc.) häkeln kann. Baumwolle finde ich da eher ungeeignet, weil sie so doll ausleiert und so schwer ist. :/ bin etwas frustriert.

    Langsam würde ich auch noch mal die ein oder andere Kunstfaser ausprobieren, allerdings habe ich da häufig ein Problem mit elektrischen Haaren und mag das Tragegefühl nicht besonders. Hast du schon mal Bambus probiert? Wär das eine Möglichkeit?

    Wäre cool, wenn du da einen Tipp hast 🙂

    Liebe Grüße
    Sara

    • Hallo Sara, ich habe einmal Bambus-Baumwoll Socken gestrickt und finde die eigentlich ganz angenehm. allerdings mit reinem Bambus und mehr als Socken habe ich noch keine Erfahrungen sammeln können.

  2. Hallo Jasmin. danke für deinen Beitrag. irgendwo habe ich mal gelernt, am 50% Kunstfasern wirds schwitzig, darunter sollte es gehen.

    wie würdest du die Mischwolle einstufen? Es gibt ja vielfach Mischungen von 40% oder gar 50% Kunstfasern zur Wolle.
    hast du Erfahrung im Tragen als Pullover?

    • Hi, ich muss sagen, dass ich in der Hinsicht ein kleiner Wollsnob bin. Ich habe tatsächlich bisher für meine Kleidung versucht maximal 10% Kunstfaser als Maximum zu haben. Ich mag aber auch Naturfasern sehr gerne und stelle auch meine „normale“ Garderobe immer mehr um.

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